Die Perle im Osten: Rügens idyllische Plätze

„Perle der Ostsee“ nannte die britische Schriftstellerin Elizabeth von Arnim Rügen: Und tatsächlich besticht Deutschlands größte Insel durch ihre atemberaubende, vielschichtige Anmut: Verschlafene Fischerdörfchen, scharfe Steilklippen und sanfte Hügellandschaften laden zum Verweilen ein.

Baumwipfelpfad

Prora ist vor allem bekannt aufgrund des dort begonnen Wahnsinnsprojekt eines nationalsozialistischen Feriendorfes. Als Gegensatz zu der verbliebenen Betonwüste entstand dort 2013 der lichte Baumwipfelpfad: Auf einer stufenlose Strecke von über einem Kilometer schlängelt sich der Pfad auf einer Höhe von vier bis 17 Metern über dem Boden. Auf diese Weise können die Besucher ungehindert einen Blick in die umliegenden Buchenmischwälder und Erlen erhaschen. Das Highlight ist der sogenannte Adlerhorst: Die Aussichtplattform in der Mitte des Pfades liegt auf einer Höhe von über 40 Metern und bietet einen Blick bis nach Stralsund.

Kreidefelsen

Als der schwedische König Karl XII. 1715 ein Seegefecht mit den Dänen auf Rügen überblickte, war er von dem Kampfanweisungen dermaßen ermüdet, dass er sich einen Stuhl bringen ließ: So entstand der Name Königsstuhl für den Kreidefelsen, dem Caspar David Friedrich hundert Jahre später mit seinem Gemälde zu nationaler Berühmtheit verleitete. Bis heute ist der Anblick atemberauend – ganz gleich, ob man sich der weißen Wand vom Wasser mit dem Boot nähert oder durch den Nationalpark Jasmund hin klettert.

Zauberwald Lietzow

Ganz im Nordosten Rügen wurde 1916 das kleine Schlösschen „Semper“ erbaut, umgeben von einem 38 Hektar großen Waldpark. Ab dem 2. Weltkrieg sich selbst überlassen, wurde der verwilderte Park erst ab den 2000ern neu angelegt und besticht nun durch seine verwunschene Atmosphäre: Eine Rhododendron-Allee, eine liebliche Teichanlage, eine geheimnisvolle Wasserturmruine und vor allem die seltenen „Krüppelbuchen“ machen dem Namen „Zauberwald“ alle Ehre.

Kap Arkona

Berühmt ist das Flächendenkmal vor allem wegen seiner drei Türme: Zwei Leuchttürme – von denen einer 1826 erbaut wurde und somit der älteste der Insel ist – sowie ein Marinepeilturm, die alle für Besucher geöffnet sind. Aber die Geschichte des Areals beginnt schon früher: Bereits im 9. Jahrhundert stand hier die Kultstätte Jaromarsburg eines Slawen-Stammes, von denen heute noch der Wall zu besichtigen ist. Zuletzt gehören auch die Königs- sowie die Veilchentreppe hinzu, die von schwedische König Friedrich I. sowie vom preußischen Herrscher Friedrich Wilhelm II. erbaut wurden. Wie verdichtet Kap Arkona die wechselhafte Geschichte Rügen widerspiegelt!

Circus von Putbus

Wilhelm Malte I. zu Putbus hatte große Pläne mit Rügen: Ab 1810 ordnete der Fürst den Bau einer klassizistischen Planstadt auf seinem Land an, inklusive Schloss, Residenztheater, Orangerie sowie mehrere bürgerliche Villen. Der Gros der Bauten – allen voran das Schloss – wurde in der DDR-Zeit aus naheliegenden Gründen in die Luft gesprengt, die im Kreis angeordneten Villen (deshalb Circus) sind jedoch erhalten geblieben und auf jeden Fall einen Besuch wert.

Seebäder

Vorurteile über den Osten gibt es viele, aber wenn Rügen eins entkräften kann, dann das der hässlichen Architektur: Die Seebäder, allen voran Binz und Sassnitz sind an Schönheit kaum zu übertreffen, gedankt sei es – so der Fachbegriff – ihrer Bäderarchitektur. Dieser Baustil verbreitete sich im 19. Jahrhundert rasend schnell entlang der Ostseeküste, als immer mehr Städter die Vorteile der Sommerfrische für sich entdeckten: Klassizismus, Jugendstil sowie Elemente des Barock ergeben einer einzigartige Mischung, die aufgrund der hellen Farben und Verzierungen wie eine frische Meeresbrise wirkt.

Insel Öhe

An der Westküste vorgelagert befindet sich die kleine Privatinsel Öhe. Ein idyllische Ort mit einer Baumalleen, einem alten Gutshaus und ganz viel Platz für Seevögel. Seit vielen Jahrzehnten befindet sich das Eiland im Besitz der Familie Schilling, die dort ihr Öhe-Rind züchtet. In Schillings Gasthof und im angrenzenden Hofladen in Schaprode kann man hausgemachte Spezialitäten wie den Öhe-Burger, Döner vom Öhe-Rind und verschiedene Sorten von Rindswurst verkosten. Das Gasthaus ist bereits seit über Hundert Jahren ein Hotspot für Künstler, Schriftsteller und TV-Prominenz, wie immer noch viel Autogrammkarten an den Wänden der gemütlichen Gaststube beweisen. Günther Grass, Gret Palucca und Asta Nielsen were here! Für Übernachtungen steht zudem ein kleines Gästehaus mit zwei Zimmern und einer Ferienwohnung zur Verfügung.

Seebrücke Sellin

Sie ist und bleibt das Wahrzeichen der Insel: Über die Engelsleiter gelangt man zu dem knapp 400 Meter langem Steg, der zum gleichnamigen Restaurant, zur Taucherglocke sowie zum Meer hinausführt. Vor allem abends, wenn sich schon die Dunkelheit über das Meer gesenkt hat und nur die Laternen an der Seebrücke leuchten ist die Stimmung kaum zu übertreffen.

Fischerdorf Vitt

Dicht am Kap Arkona liegt das ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Fischerdorf Vitt, das jeden Besucher verzaubert: Reetdachhäuschen drängeln sich dicht an dicht, während hinter ihnen das Meeresrauschen zu hören ist. Ein besonderes Highlight ist die achteckige Kapelle, die von Ludwig Gotthard Kosegarten zu Beginn des 19. Jahrhundert erbaut wurde: Der Prediger vermisste die Fischer bei seinen Predigen und als er erfuhr, dass sie aufgrund der Heringsaison die Küstengegend nicht verlassen konnten, kam er einfach zu ihnen.

Naturschutzgebiet Schmale Heide

Steilküste, Strand, Wald – diese drei Landschaftsarten scheinen Rügen zu bestimmten. Das Naturschutzgebiet Schmale Heide zwischen Prora und Mukran sticht jedoch durch eine andere, einzigartige Landschaft hervor: Parallel zur Ostsee ziehen sich Geröllfelder entlang, die fast ausschließlich aus Feuersteinen bestehen: Vor etwa 4.000 Jahren haben Sturmfluten Brocken aus der Halbinsel Jasmund mit solcher Wucht herausgeschleudert, das sie hier gelandet sind. Bei der Wanderung sollte man die Augen offen halten: Wer ein Hühnerauge (ein Feuerstein mit Loch in der Mitte findet), dem ist angeblich das Glück fortan hold.

www.ruegen.de
www.wirsindinsel.de

Fotos: Tourismuszentrale Rügen; Kurverwaltung Binz (1); pixabay.com (1); Flickr.com/Allie_Caulfield; Lapplaender